Architekturpreis Kanton Zürich

Der H3

Im P.

Auszeichnung 2001

Überbauung Kappeli

Architektur:
Theo Hotz AG, Zürich

Bauherrschaft:
Pensionskasse Alusuisse Group AG, Zürich UBS AG, Zürich

Urbanität in der Peripherie – Stadtreparatur in Zürich Altstetten

Den pittoresken Charme klassischer Zürcher Industriequartiere wie Escher-Wyss oder Löwenbräu-Areal sucht man in Altstetten vergeblich. Die manchmal steinernen, dann wieder stählernen Kulissen eines über Jahrhunderte gewachsenen Fabrikstandorts fehlen hier genauso wie Mauern oder Festungswälle historischer Innenstadtkerne.
Kein Ort, nirgends, und doch ein Ort, wie man ihn überall in Europa an der Peripherie städtischer Ballungszentren findet. Eine Art Grauzone, weder Stadt noch Land, weder Gewerbe- noch Wohngebiet. Von allem eine Kleinigkeit und doch zu wenig, um Identität zu stiften. Das Ortsbild scheint verwackelt. Je nachdem, wie weit das Auge blickt, stolpert es über die Satteldächer eingeschossiger Reihenhäuser unvermittelt in eine Brache, um anschliessend an einer polierten fünfgeschossigen Natursteinfassade abzuprallen, die jeden Halt verwehrt.

Das Nebeneinander von Siedlungsformen ist denkbar unkoordiniert, die Launen der Eigner wechseln mit der Grundstücks- grenze. Inmitten dieser Willkürherrschaft hat Theo Hotz ein Zeichen gesetzt, das man sich merkt, auch ohne die Adresse zu kennen. Im zügellosen Wildwuchs schafft sein einheitlich gestalteter Strassenblock Orientierung, bietet den Rettungsanker für Verirrte, die heimisch werden wollen. Hotz betreibt im besten Sinne Stadtreparatur, vernetzt aus den Maschen gefallene Fäden zu einem dichten Gewebe von urbaner Komplexität. Auf dem altlastensanierten Gelände einer abgerissenen Aluminiumprofil-Fabrik der Alusuisse werden Gewerbe- und Wohnnutzung geschickt unter einem Dach vereint.

Die u-förmig drei Strassen säumende Blockrandbebauung Kappeli gliedert sich je nach Orientierung zum Hof, der Lage an einer Hauptverkehrs- oder Quartiersstrasse, in Zonen, die zwischen Öffentlichkeit und Privatheit changieren. Im Windschatten einer 150 m langen Bürozeile entlang der verkehrsbelasteten Baslerstrasse liegt, durch eine glasgedeckte Galerie getrennt und mittels Treppenkaskaden und -brücken zugleich angebunden, ein rückwärtiger Wohnriegel. Leben spielt sich hier nicht nur innerhalb der getrennten Bereiche, sondern auch und gerade in der Zwischenzone ab, die in all ihrer lichtdurchfluteten Transparenz und Grosszügigkeit mehr bietet als eine blosse Erschliessung. Sie avanciert zum architektonischen Erlebnisraum, der viel von der holländischen Unbekümmertheit vergleichbarer Bauten Hermann Hertzbergers in sich trägt, Begegnungen fördert, Kinder zum Spielen einlädt.

Hofseitig öffnen sich sämtliche der mit 3 1/2 bis 4 1/2 Zimmern gutbürgerlich ausgestatteten Geschoss- oder Maisonette- wohnungen mittels einer durchlässigen stählernen Loggienstruktur zum gemeinschaftlichen Grün. Punktförmige Stadtvillen begrenzen den Hofraum entlang des Quartierwegs, der die interne Grundstücksgrenze markiert. Markante gläserne Ecktreppentürme binden die seitlich abzweigenden Zeilen an die Front zur Baslerstrasse an.
Der Block insgesamt wie auch sämtliche seiner Fassaden werden streng nach funktionalistischen Gesichtspunkten strukturiert, die den Kontext nie ausser Acht lassen. So gelingt es den Architekten problemlos, im Erdgeschoss der ansonsten zu Büro- und Wohnzwecken genutzten Flurstrassen-Zeile einen Showroom für die benachbarte Rover-Werkstatt einzurichten und damit auf vorhandene Infrastrukturen Rücksicht zu nehmen.

In gestalterischer Hinsicht besticht die Beschränkung auf wenige, sensibel aufeinander abgestimmte Materialien (Stahl, Glas, Sichtbeton, Aluminium), der Purismus ihrer unverfälschten Oberflächen und die Sorgfalt im konstruktiven Detail.