Architekturpreis Kanton Zürich

Der H3

Im P.

Auszeichnung 2006

Wohnüberbauung Paul Clairmont-Strasse

Architektur:
Gmür & Steib Architekten AG, Zürich

Bauherrschaft:
Baugenossenschaft Rotach, Zürich

Neue Qualität im verdichteten Wohnen

Im Wohnungsbau der letzen zwanzig Jahre gab es immer wieder Experimente. Mehr oder weniger müssen aber Wohnungen die gleichen Bedürfnisse abdecken wie immer. Irgendwo wird geschlafen, woanders gekocht und gegessen. Die wirklich grosse Veränderung spielte sich ausserhalb der Wohnungen ab: auf dem Balkon. Was einst ein kleines Anhängsel an der Fassade war, auf dem knapp ein Bistrotisch mit zwei Stühlen Platz hat, entwickelte sich im Laufe der Zeit zu einem echten «privaten Aussenraum».

Zimmergrosse Balkone stellen neue Anforderungen an die Architekten. Patrick Gmür und Jakob Steib haben bei der Wohnüberbauung an der Paul Clairmont-Strasse beim Triemlispital den Balkon gleich als Ausgangspunkt der Entwurfsidee genommen. Der wachsende Platzbedarf soll mit den sich widersprechenden Wünschen nach Intimität und Aussicht vermählt werden.

An der Südwestfassade – mit Blick auf den nahen Üetliberg – verwirklichten die Architekten ihr neues Konzept von Balkon auf eine überraschende, gestalterisch überzeugende Art und Weise. Durch den wechselseitigen Versatz der massiv aus- geführten Balkonvolumen entstand ein zweigeschossiger Luftraum, der einerseits einen räumlichen Luxus darstellt, aber auch Licht in die dahinter liegende Wohnung transportiert. Mit der gleichen Massnahme des Versetzens erzeugen die Architekten auf dem gleichen Balkon eine eingeschossige, geschützte Nische, die von festen Mauern umgeben ist.

So gelang das Kunststück, im hoch verdichteten Wohnungsbau Balkone von 3.80 Meter Tiefe mit 25 Quadratmetern Grundfläche zu realisieren. In der Addition formen die Balkone eine eigene, plastisch ausformulierte Schicht mit Ecken und Kanten. Durch den wässrig-weissen Anstrich des gesamten Gebäudes kommen Assoziationen zu den Architekturen des Mittelmeerraumes auf.

Deutlich weniger spektakulär ist die Fassade nach Nordosten. Fensterbänder betonen die extreme Längsausrichtung des Gebäudes, kleinere vorgelagerte «Türme» gliedern die lange Abwicklung. Ein einzelner Eingang führt in das Haus, dahinter öffnet sich eine 90 Meter lange, auf einer Seite verglaste «Rue intérieure», an die fünf Treppenhäuser angeschlossen sind. Als gemeinsamer halbprivater Raum verleiht diese an sich einfache Erschliessungsachse dem genossenschaftlichen Wohnen neue, ungewöhnliche Qualitäten.