Architekturpreis Kanton Zürich

Der H3

Im P.

< Eingabe 59 >

Ersatzneubau Siedlung Vogelsang, Winterthur

ARCHITEKTUR
Knapkiewicz & Fickert Architekten ETH BSA SIA

BAUHERRSCHAFT
GWG Gemeinnützige Wohnbaugenossenschaft Winterthur

Die extrem Janusköpfige Situation erforderte hier spezielle und unkonventionelle Lösungen:

Vorne grossmassstäblicher Stadtraum mit Gleisfeld + öffentlichkeit / hinten kleinmassstäbliche Gartenstadt mit Einfamilienhäuschen und Schrebergärten + Privatheit

vorne Aussicht und Lärm / hinten Gärten, Ruhe und Erholung im Wald

vorne Westen mit Abendsonne / hinten Südosten mit Morgen- und Mittagsonne.

Unser hochgestecktes Ziel war, dass jede einzelne Wohneinheit von beiden Seiten profitiert und aus diesem Spannungsverhältnis ihre unverwechselbare Qualität erhält. Am leicht geschwungenen Hangsockel vom Heiligberg gelegen folgt die Siedlung vom Wald im Süden bis zur stadtwärts gelegenen Storchenhängebrücke auf einer Länge von ca. 330 Metern der Vogelsangstrasse. Hier trennt die Gleisschneise, wie ein breiter Fluss, die beiden Quartiere Töss und Heiligberg. Am Heiligbergufer gelegen, zusammen mit den schräg gegenüberliegenden historischen Industriegebäuden des Sulzerareals, wird der Vogelsang nun zu einem markanten Teil der Stadtkulisse von Winterthur. Obwohl es sich ‚nur’ um eine Wohnsiedlung handelt, zeigen sich die einzelnen hohen Gebäudekörper, zusammengehalten von einer niedrigen Gebäudespange, stolz mit ihren Vor- und Rücksprüngen, Erkern und fröhlichen Farben. Die leicht konvexen und konkaven Krümmungen des Hangsockels überhöhen die Plastizität der Volumen und bringen Bewegung in das Fassadengewebe. Genau betrachtet, ist die Siedlung ein einziges Gebäude mit der zellulären Struktur eines Schwammes und geometrisch präzisen Volumen beziehungsweise Hohlkörpern auf der Basis vom 8-Eck: 15 Volumen wechseln sich mit 8 strassenseitigen und 5 hangseitigen Höfen ab, wobei sich am Ende der Struktur offene Halbhöfe abzeichnen. 2 der hinteren Höfe sind mit den vorderen verbunden und bilden die Zentren der ganzen Anlage. Erschlossen werden die einzelnen Hausteile über eine befahrbare Promenade. Daran liegen Hauseingänge und die Zugangstreppen zu den Höfen. Ebenerdig geht es zu den Veloräumen, dazwischen sind Recyclingräume platziert und lateral liegen Werkstätten sowie eine Hundedusche. Dahinter wiederum liegen Lagerräume und eine lange Garage. Parallel dazu auf Hofniveau verbindet eine Passage alle Höfe und Treppenhäuser. Daran liegen offene Treppen, über die man die Hanghöfe und den Schrebergartenweg erreicht. Sowohl parallel zum Hang, als auch senkrecht dazu, ergibt sich eine grösstmögliche Durchlässigkeit für Bewohner und Besucher. Spontane Begegnungen sind möglich und erwünscht, ohne dass dadurch jemand gestört würde, denn alle Wege sind öffentlich. Entlang der Passage auf Hofniveau liegen die Eingänge der besonderen Maisonettewohnungen und dazu eine Vielzahl an öffentlichen Nutzungen: Waschsalons, Hobbyräume, KITA, KIGA, Siedlungslokal mit Badebrunnen, Gartenhalle mit Pizzaofen und Grill – zudem Fitnessräume, Gemeinschaftsküche, Musikraum und natürlich ein Coworking-Space. Alle diese Räume finden in dieser determinierten Struktur ihren Platz und bilden zusammen mit den Wohnungen ein kleine soziale Utopie – ganz im Sinne dieser aufgeschlossenen Bauherrin.

Beschrieb Konstruktion: 3 Geschosse über der Garage/UG sind in einem massiven Hybridmauerwerk ausgeführt,ohne konventionelle Isolation, d.h. innen Backstein/ Beton tragend, aussen Wärmedämmstein verputzt und gestrichen, darüber 1-2 Geschosse innen Backstein tragend, aussen Holzständer gedämmt mit Deckelschalung in Fichte, druckimprägniert und geölt.

Beschrieb Ausbaustandard Wohnungen: die Böden der 3 Sockelgeschosse sind in gefärbtem Anhydrith, geschliffen und versiegelt ausgeführt, die Böden der ‚Dachgeschosse’ mit werkversiegeltem Parkett. Alle Decken in Weissputz und Wände in Kalkputz.